Begleitet von der einheimischen Velocrew aus Kartsakhi pedalieren wir Richtung türkische Grenze. Mit übermütigen Überholmanövern präsentierten sie uns ihre Fahrkünste. Doch Übermut tut bekanntlich selten gut und es dauert nicht lange, bis zwei von ihnen zusammen crashen und bittere Tränen die ausgelassene Stimmung trüben.
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Richtung Grenze |
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Velorennen |
Der idyllische Karzachi See dient uns als letzter Schlafplatz in Georgien. Das sanfte Vogelgezwitscher wird bald von einem Jeepmotor übertönt und der herangebrauste Ranger gibt uns bedauernd zu verstehen, dass wir hier nicht bleiben dürfen. „Border Zone!“ Hilfsbereit wie die Georgier sind, hat er aber schon eine Lösung parat. Wir fahren mit ihm zur nahegelegenen Grenzstation, wo uns der georgische Hauptmann persönlich mit
einem herzlichen Händedruck das OK gibt, am See zu nächtigen. Der wohl best bewachste Campspot, den wir je hatten!
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am idyllischen See |
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Ready for Takeoff |
Nun kehren wir Georgien endgültig den Rücken und fahren über die türkische Grenze, die mit den Scanners, Duty Free Shops und Restaurants fast die Dimension eines Flughafens erreicht. Ein riesen Aufwand für die täglich knapp 10 Seelen, die diesen Übergang benutzen... Nachdem die Putzequippe den Boden fertig gereinigt und der Grenzwärter seinen Kaffee ausgetrunken hat, erhalten wir endlich den Einreisestempel und schieben unsere Räder durch die einsame Ankunftshalle nach draussen. Dort erwartet uns ein überdimensionierter zweispuriger Highway mit super Pannen/Velostreifen. Anscheinend rechnen die Türken hier in nächster Zeit mit einem verstärkten Verkehrsaufkommen :-)
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Merhaba Türkei |
Wir passieren einige kleine Dörfer, die sich kaum von ihren Pendants in Georgien unterscheiden. Auch hier leben die Menschen in einfachen Hütten und von der Landwirtschaft. Freilaufende Hühner, Pferde und natürlich Hunde gehören dazu. Der einzige Unterschied: anstelle von Kirchengeläut ertönt der Ruf des Muezzin...
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Im Nirgendwo |
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Ländliche Gegend mit Moschee |
Nach zwei Tagen in der einsamen und eher kargen Landschaft der östlichen Türkei erreichen wir Kars. Entgegen unserer Information von Robin, einem deutschen Radfahrer, ist es kein Problem, mit den Fahrrädern per Zug weiterzureisen. Die nette Dame meint nur : „But you pay extra!“ Bei einem Fahrpreis von 7 Fr./Person werden wir das verkraften können... :-)
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mit Extra Fahrradwagen |
Die Nacht in Kars verbringen wir bei unserem WarmShower Host Sami, oder besser gesagt in der WG seiner turkmenischen Studienkollegen. So kommen wir in den wohl eher seltenen Genuss eines turkmenischen Abendessen in der Türkei und erhalten Einblicke in die Kultur eines Landes, in dem wir gar nie waren :-)
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in der turkmenischen WG Küche |
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mit Sami unserem Warm Shower Host |
Der Zug bringt uns am nächsten Tag durch die immergleiche Landschaft in 17 Stunden nach Kayseri. Während wir versuchen in den engen Sitzen ein bisschen Schlaf zu finden, bekommen unsere Räder ein eigenes Gepäckabteil und das auch noch zum Nulltarif! Der Schaffner will trotz Vorwarnung der Ticketverkäuferin partout kein Geld für das Extragepäck annehmen! Morgens um halb drei erreichen wir mit grosser Verspätung unser Ziel und holen auf den Bänken im halbwarmen Wartesaal ein bisschen Schlaf nach.
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Luxusfahrradwagen |
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17 Stunden Zugfahren |
Mehr oder weniger ausgeruht pedalieren wir bei Tagesanbruch weiter Richtung Kappadokien. Natürlich auf dem Highway...andere Strassen gibt es kaum. Ständig passieren wir Verkehrspolizeikontrollen und auch wir werden nicht verschont. Wir glauben aber, dass der junge Polizist mit Zahnspange aus purer Neugier betreffend unserer Herkunft die Pässe kontrollieren wollte. Er freut sich wie ein kleines Kind, als wir ihm erlauben, auf unseren Räder ein paar Runden um den Kontrollposten fahren...
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Kappadokien, here we are! |
Und dann sind wir da! KAPPADOKIEN! Ein (Bike)Traum geht in Erfüllung! Sandsteintürme mit blassen rot, beige und ocker Tönen im Kontrast zum azurblauen Himmel, grüne Apfelbäme und Reben am Talboden, verspielte Trails auf sandigem Untergrund und Sandsteinhölen, die vor hunderten von Jahren den Christen (und nun uns) als Zufluchtsort gedient haben. Natürlich fehlt auch das allmorgendliche Spektakel,
wenn unzählige Heissluftballone himmelwärts streben um über die Canyons hinwegzugleiten, nicht. Wir kommen uns vor wie in einem Märchen! Einfach zauberhaft schön!
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wunderschöne Sonnenuntergänge |
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in LOVE |
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unzählige leerstehende Höhlenwohnungen |
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Äpfel und Trauben werden am Talboden angepflanzt |
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Lustige Sandsteintürme |
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Höhlenkirche |
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unser Cave Appartement |
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morgendliches Spektakel |
Während die Touristen mit den Heissluftballons davonfliegen, können wir ungestört die Trails erkunden. Es gibt unzählige Kombinationen (Danke Gabriela für die GPS Daten!) und jeder Canyon fordert unsere Bikeskills auf seine Weise. Vom Plateau steil runter, ein ständiges auf und ab durch Tunnels und ehemalige Höhlenkirchen, mal gespickt mit losem Geröll, mal flowig durch die Sandsteintürme. Nicht zu vergessen die vielen Dornen, die sich liebend gerne in unsere Reifen bohren...(unser Flickzeugvorrat neigt sich rasant dem Ende zu...)
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Let's go for a Ride |
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mal unten... |
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...und mal zwischendurch |
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Plattenflicken.... |
Unterwegs gibts kostenlose Äpfel und Trauben zum Selberpflücken und in den Touristenorten Göreme, Cavusin und Uchisar köstlichen Salep, Döner und ein erfrischendes Bier mit den beiden belgischen Radlern Jos (kein Witz, und sie sprechen es genau so aus!) und Elke, die weiter nach Inden fliegen wollen. (Danke für den Falttisch, er hat uns schon sehr gute Dienste erwiesen!).
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Apfelparadies |
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Uchisar |
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Cavusin |
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mit Jos und Elke beim Bier |
Nach einer Woche in der Märchenwelt Kappadokiens wollen wir die nächsten Tage an der immer noch warmen türkischen Riviera verbringen. Leider wird aus NO PROBLEM schnell ein BIG PROBLEM, denn das Gepäckfach des Busses überquillt schon bevor wir überhaupt die Möglichkeit haben, unsere Siebensachen einzuladen. Der Bus fährt ohne uns los und lässt einen ziemlich entnervten Joos und eine enttäuschte Tania in Göreme zurück. Uns bleibt nichts anderes übrig als erneut unseren Unterschlupf im Caveappartement aufzusuchen, für das wir glücklicherweise noch keinen Nachmieter gefunden haben.
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zurück zu unserem Cave Appartement |
Am nächsten Morgen kommen wir in der Riesenmetropole am Bosporus an. Istanbul‘s Strassen stehen um halb acht kurz vor dem Kollaps. Wir versuchen in der Rushhour vom 20 km ausserhalb gelegenen Bahnhof in die Stadt zu kommen. Im Abgasnebel, immer auf der Hut vor den vorüberbrausenden Autos, bemerken wir den netten Türken, der uns aus dem Autofenster Mineralwasserflaschen entgegensteckt, beinahe nicht...Unsere persönliche mobile Verpflegung...Wir wundern uns zwar etwas, dass es kein Caj ist, aber sagen herzlich: „Tesekür!“
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in Istanbul angekommen |
Für unsere 4 Tage in Istanbul dürfen wir uns gemeinsam mit dem brasilianischen Radler Antonio beim Warmshower Host Savas einquartieren. Er zeigt uns nicht nur seine Schule, wo er morgens unentgeltlich Fahrradunterricht gibt und nachmittags eine Klasse von 50 Schülern in allen denkbaren Fächern unterrichtet, sondern auch die besten Gerichte seines Landes. Neben dem allbekannten Döner und Kebab schlemmen wir uns mit Antonio einmal quer durch Köstlichkeiten wie Pide, Gözleme, Börek, Kokorec, Patlican Kebabi, Bulgur, Baklava und Künefe. Nur der türkische Kaffee scheint bei Savas nicht zum kulinarischen Programm zu gehören, er gönnt sich lieber ein kühles Bier in seinem Viertel Taksim :-)
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Caj Time im Fahrradladen mit Savas und Antonio |
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Pide, Kokorec, Kebab |
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Baklava und unser neues Lieblingsdessert Künefe |
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Mit Antonio beim Salep |
Mit einem Besuch der imposanten blauen Moschee, des geschäftigen GRAND BAZAAR und einer Bootstour über den Bosporus auf die asiatische Seite, vertreiben wir uns tagsüber die Zeit. Kopftücher, Burkas und Moscheen neben Überresten aus dem oströmischen Reich, super hippen Geschäftsleuten und ultramodernen Gebäuden. Die Grösse und Vielfalt der Stadt übertrifft unsere Vorstellungskraft. Weil genau zu dieser Zeit auch noch der 81. Todestag von dem hochverehrten Präsidenten Mustafa Kemal Atatürk gefeiert wird, platzt die Stadt aus allen Nähten. Nach vier Tagen leiden wir schon fast an einer Reizüberflutung...
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Old Bazaar |
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Menschengedränge in den Strassen um den Gewürzbasar |
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Blaue Moschee |
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in der blauen Moschee |
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Blaue Moschee |
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Hagia Sophia Moschee |
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Schuhnerd?! |
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auf dem Bosporus |
Nach der intensiven Zeit in Istanbul treten wir nun unsere Heimreise an. Ein BIG PROBLEM sind unsere Fahrräder, die der einzige internationale Zug nach Sofia einfach nicht mittransportieren will. Langsam aber sicher sind wir genervt von diesen willkürlichen Regeln...Wir verbringen einen ganzen Tag damit, Zug- und Busbahnhöfe abzuklappern, immer wieder quer durch den chaotischen Stadtverkehr, bis wir am Ende ein Busticket nach Bukarest ergattern können, bei dem unsere Bikes NO PROBLEM sind. Nervös erscheinen wir am Busbahnhof und sind erleichtert, als die Fahrräder diesmal wie versprochen kurz vor der Abfahrt doch noch im Gepäckfach verstaut werden können.
Wir sagen GÜLE GÜLE Türkei und bedanken uns bei all den lieben Menschen die uns mit ihrer Gastfreundschaft und Unmengen von Caj beglückt haben!
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bereit für die Fahrt nach Bukarest |
Unser Trailfazit für Kappadokien:
Wir würden schon fast behaupten, ein MUSS für alle Mountainbiker! Viele tolle Trails, kurze Anstiege und verspielte und flowige Abfahrten über den Sandstein! Das Ganze umgeben von fast surreal wirkenden Sandsteinformationen und den duftenden Apfelbäumen. Wir sind immer noch begeistert! Nur die ständigen Platten waren etwas mühsam und wir haben uns geschworen, zu Hause sofort auf Tubeless umzusatteln :-)
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