Mit aufgeladenen Batterien führt unser Weg weiter Richtung Rila Gebirge. Hier sieht man sehr gut, dass der Name Balkan (bewaldeter Weg) nicht von ungefähr kommt. Wald so weit das Auge reicht…Und er bietet nicht nur gute Campingspots, sondern peppt auch unser Speiseplan mit frischen Pilzen, zuckersüssen Himbeeren und Brombeeren auf. Zum Glück, denn in Borovets, unserem nächsten Ziel, bleiben in der Sommersaison die Supermärkte geschlossen, wie uns eine Einheimische erklärt. Die meisten von den fast zahllosen Resorts sind dicht, gammeln vor sich hin und warten auf den Winter (und einige auf ihre Fertigstellung oder Abriss, was wahrscheinlich nie geschehen wird…). Kein Wunder, dass wir unser Heim lieber im naheliegenden wunderschönen Föhrenwald aufstellen…
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Wald so weit man sehen kann... |
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Borovets: im Winter tanzt hier der Bär |
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riesige Hotelkomplexe |
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unser 5 Stern Deluxe Appartement |
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reich gedeckte Tafel, danke Wald! |
Um unsere Beine noch ein wenig zu schonen, nutzen wir den Sessellift, der uns in den Bikepark Borovets bringt. Für einmal muss Joos nicht navigieren und wir können ohne gross nachzudenken, die markierten Trails runterdonnern. Doch Park-biken wird wohl nicht mehr zu unserer grössten Leidenschaft. Obwohl die Trails ziemlich spassig sind, vermissen wir die naturbelassenen Wanderwege. Und irgendwie macht Biken auch mehr Spass, wenn man sich die Abfahrt durch hochpedalieren erarbeitet hat.
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Yeahh, mal nicht hochpedalieren! |
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alles gut beschriftet |
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Need for Speed... |
Borovets ist zudem der Ausgangspunkt zum Musala, dem mit 2926m höchsten Gipfel der Balkanhalbinsel. Natürlich wollen wir da hinauf, zusammen mit tausend anderen Touristen…Uns trifft fast der Schlag, als wir an der Talstation der Gondelbahn ankommen und die riesige Warteschlange sehen! Wer in der Hauptsaison schon versucht hat, in Zermatt auf den Gornergrat zu kommen, kann sich in etwa vorstellen, welch Andrang hier herrscht. Der Aufstieg zum Gipfel gleicht dann fast einer Pilgerreise. Mühsam schleppen auch wir unsere Bikes nach oben. Manch Wanderer schüttelt bei diesem Anblick ein wenig mitleidig den Kopf. Die Aussicht vom Gipfel entschädigt unsere Müh jedoch wieder einmal mehr! Kleine Gletscherseen und ein fantastisches Bergpanorama, verständlich also, dass die Wanderung ein Touristenmagnet ist.
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Massenansturm |
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Biketransport |
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Richtung Musala Hütte |
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Musala Hütte |
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es geht noch ein bisschen hoch bis zum Gipfel... |
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Geschafft!!! |
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Was für eine Aussicht! |
Den gleichen Weg zurück kommt für uns aber nicht in Frage. Menschenslalom macht keinen Spass. Also Plan B(löde Idee). Über die (selten begangene) Gratwanderung zum kleinen Musala wollen wir die Trekkingtouristen umgehen. Leider finden wir erst im Nachhinein heraus, dass die knapp 4km mehr Klettern als Wandern (geschweige dann Biken) sind. Schwindelfrei war ich noch nie und hier sollte ich mit Bike runter klettern:
Keine Chance! Der arme Joos muss einige Passagen doppelt zurücklegen, einmal mit seinem, dann mit meinem Bike...Nachmittags um halb vier erreichen wir endlich den Trailhead. Dieser ist bis auf die lästigen Legföhren, die sich teilweise den Weg zurückerobert haben, ein Traum! Flowige und technische Teile halten sich angenehm die Waage. Zum Schluss führt unterhalb der Waldgrenze ein wunderschöner Trail durch die Föhren zurück bis zu unserem Campspot. Die Gratwanderung war bestimmt eine unserer dümmsten Ideen. Zum Glück haben wir die Strapazen dank des tollen Trails aber schnell wieder vergessen…
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erst ist der Grat noch fahrbar... |
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dann heisst es für lange Zeit tragen... |
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...und klettern |
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Aussicht vom kleinen Musala |
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endlich fahren, wenn auch ohne Trail |
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Juhu der Trailhead ist in Sicht |
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Limbodance durch die Legföhren |
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Waldtrail kurz vor unserm zu Hause |
„Man ist nicht in Bulgarien gewesen, wenn man das Rila Kloster und die sieben Rila Seen nicht gesehen hat.“ So steht es im Bulgarien Reiseführer! Uns schwirrt ein Bikepackingabenteuer durch das Rilagebirge durch den Kopf. Auch nicht einer von unseren glorreichsten Einfällen…Eins vorweg: Wir haben viel getragen, geschoben und sind in vier Tagen verhältnismässig wenig Fahrrad GEFAHREN…Nur wenige Trailabschnitte waren wirklich spassig. Doch bot uns unsere Wahl die Gelegenheit, dem Besucherstrom (und der sich im Gebiet aufhaltenden Sekte, die hier ihre alljährliche Verbundenheit mit der Natur zelebriert), auszuweichen und so die wunderschönen Rilaseen bei Sonnenunter- und Aufgang in einem ganz bezaubernden Licht zu sehen. Wir sind uns uneinig, ob nun unsere Jöriseen oder die sieben Rilaseen schöner sind…
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erstmals noch fahren |
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dann ewig tragen |
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bei den Rilaseen |
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Camp der Naturfreunde Sekte |
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endlich oben |
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Abendessen mit fantastischer Aussicht |
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ein spezieller Sonnenuntergang |
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unser Traumspot bei den Rilaseen |
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traumhafter Sonnenaufgang |
Das Rilakloster erreichen wir nach einer 1500m Abfahrt (oder Kampf durch lenkerhohes Gras, Sträucher und umgestürzte Bäume) noch vor den Tagestouren, die zahlreich aus Sofia anreisen. Trotzdem schwirren schon ziemlich viele Touristen durch die schöne Klosteranlage. Nur einen Mönch sucht man in diesen Menschenmassen vergebens.
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weiter Richtung Rila Kloster |
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morgendlicher Besucher |
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von hier bis ins Tal verwachsen... |
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Rila Kloster |
Die Rückreise beschert uns erstmals einen 1800 Höhenmeter Anstieg, diesmal glücklicherweise ohne Tragen. Es folgt eine technisch sehr anspruchsvolle Abfahrt zur Iwan Wazow Hütte (wo wir uns leider nicht ganz so willkommen gefühlt haben und eine Übernachtung erst gar nicht in Erwägung zogen), die Suche nach einem geeignetem Schlafspot und einem irgendwie nicht (mehr) vorhandenem Trail zurück nach Saparewa Banja. So irren wir ein wenig verloren durch das Rila Gebirge. Sogar Joos verzweifelt an den ungenau eingezeichneten Wegen auf unserer Karte.
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nächster Traumcampspot |
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fast auf dem Pass |
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Pirin Gebirge im Hintergrund |
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endlich oben...Freudensprung |
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steiniges Terrain, nicht immer fahrbar |
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Iwan Wazow Hütte in Sicht |
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Mittagessen in der Iwan Wazow Hütte |
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auf der Suche nach dem Trail |
Die Abfahrt, die wir zu guter Letzt finden, ist dann leider an vielen Stellen extrem zugewachsen oder tief ausgewaschen, was das Bikeerlebnis erheblich schmälert. In Erinnerung bleibt uns dennoch (neben meinem Gefluche ;-) ) die wunderschöne Landschaft und wahrscheinlich der schönste Schlafspot mit Aussicht über die zu Recht hochgelobten sieben Rila Seen. Und als Belohnung gönnen wir unseren verspannten Muskeln ein Bad in den bekannten Mineralquellen von Saparewa Banja.
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Trail zurück nach Saparewa Banja |
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The Channel... |
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Mineralbad in Saparewa Banja |
Unser Trailfazit:
In Borovets gibt es ein paar lohnenswerte Trails, sofern man nicht wie wir die dumme Idee hat mit dem Bike den Gipfel des Musala zu stürmen. Der Bikepark ist ok, wenn man Bikeparks mag.
Die Trails im Rilagebirge waren uns dann doch ein bisschen zu mühsam und Aufwand und Ertrag standen hier in einem ziemlich schlechten Verhältnis. Vielleicht haben wir aber auch einfach die falschen Wege erwischt…Und das Extragewicht von Zelt, Schlafsack, Kocher und Essensvorräten hat den Fahrspass bestimmt auch nicht erhöht.
Die bulgarischen Landschaften haben uns fasziniert. Leider sind wir da nicht die Einzigen. Nach den Ländern Ex-Jugoslaviens können wir in Bulganien nur mit dem Toursitenstrom mitschwimmen. Überall, wo es schön ist, hat es auch ganz schön viele Leute. Uns fehlt das Unberührte und auch die Offenheit der EInheimischen, die wir bis jetzt in allen anderen Ländern des Balkans erlebt haben. Abseits der ausgetretenen Pfade und der Menschenmassen gefällt es uns einfach besser.
Als nächstes steuern wir Bansko an und versuchen unser Glück im Pirin Nationalpark.
Hier gehts direkt zum vorhergegangen Beitrag:
Von Skopje nach Sofia: Trailspotting in Mazedonien und Bulgarien
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