Wir haben viel erlebt in den letzten Wochen. Per Bikepacking waren wir in der abgelegenen Gegend Tushetien unterwegs, sind weiter durch die Region Khevsureti der russischen Grenze entlang Richtung Westen gefahren und dann von Stepantsminda über die bekannte Heeresstrasse zurück nach Tbilisi geradelt. Unsere Erwartungen wurden nicht nur landschaftlich mehr als übertroffen! Ein Trailerlebnis der extraklasse! Darum gibt es gleich zwei Posts. Sorry ;-)
Manchmal reicht ein einziges Abenteuer, um alle Tagträume auf ewig mit Erinnerungen zu füttern.
Machen wir erst mal dort weiter, wo wir aufgehört haben. Die kühlen Prometheus Höhlen liegen hinter uns. Vorbei an der Grosstadt Kutaisi fahren wir weiter durch das "Flachland" Richtung Tiflis. Die Annahme, dass es nun schneller voran geht, löst sich beim Erblicken der Strassenschilder „Steigung 19%“ schnell in Luft auf. Und dann sind da noch überall kläffende Hunde, die mit uns um die Wette laufen.. Einziger Ausweg: Ein Stock, um die nervenden Angreifer abzuwehren.
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Rauf, runter, Rauf, runter... |
Bald wird die Teerstrasse zur Kiesstrasse, Dörfer gibts kaum mehr, nur die Zuglinie, wilde Granatapfel-, Hasselnuss- und Kakibäume sind unsere Wegbegleiter. In Chaschuri nutzen wir das mehr als grosszügige WarmShowers Angebot von Christoph. Als ehemaliger Radreisender bietet er für Gleichgesinnte ein gratis Bett, gratis Wäschewaschen und ein gratis oberhammermässiges Frühstücksbuffet an! Das Restcamp, der perfekte Ort für eine kurze Auszeit! Herzlichen Dank nochmals!
Die ersten Tage sind zermürbend. Meine Maxxis Minion Reifen machen ihrem Ruf alle Ehre und kleben ordentlich am Boden fest, in unserem Fall leider Asphalt... Durch die Weinregion Kachetien und über den Gombori Pass nähern wir uns langsam den Bergen. Von dort geht es dann endlich auf einer Kiesstrasse (jetzt können meine Reifen wieder auftrumpfen!) weiter auf den 2826m hohen Abano Pass. Für Autofahrer die gefährlichste Strasse Georgiens, da sie schmal, steil, voller Schlaglöcher und auf einer Seite extrem abfallend ist, mit dem Bike jedoch schon fast spassig. Nur die 2500 Höhenmeter Anstieg sind eine echte Herausforderung und Omala, unser neuer Hund, schaut sich mehrmals ungeduldig nach uns um...
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Kachetiens Weinregion |
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die Berge sind endlich in Sicht |
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gesunde Snacks überall |
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die Schafe ziehen talwärts |
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Richtung Abano Pass |
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seltener Gegenverkehr |
Unterwegs stossen wir, mitten im herbstlich verfärbten Wald, auf eine Wildschutzhütte der besonderen Art. Sie bietet neben lottrigen Betten einen eigenen Spa mit Schwefelbad und Traumaussicht auf die Bergwelt! Wir nutzen diese verlassene Wellnessoase und werden auch endlich wieder einmal sauber :-) Die letzten Höhenmeter fliegen wir dann mit unseren entspannten Muskeln förmlich auf die Passhöhe. Obwohl frisch gebadet und vorzeigbar, erregen wir das Mitleid einer deutsche Reisegruppe und erhalten grosszügig ihre Lunchpakete. Vielleicht lag es an unserer dreckigen Kleidung?! Weiter gehts auf der Schotterpiste runter ins Tal. Traumhaft schön, auch ohne Singletrail. Nur unser neue Hündin findet keinen Gefallen an diesem Downhill, nach einigen Kurven gibt Omala auf und lässt und kläffend ziehen.
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unser Spa im Wald |
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Der weniger luxuriöse Bettentrakt |
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fast geschafft |
auf dem Abano Pass
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Herrliche Abfahrt |
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wunderschöne Herbstwälder |
Wir erreichen Omalo, das erste tushetische Dorf. Steinhäuser mit Schieferdächer und einer typischen Burg, die einsam oberhalb der Siedlung ihren eigenen Charme versprüht. Die Menschen rüsten sich für den Winter. Wir sind froh, dass dieser noch ein bisschen auf sich Warten lässt und unserer Überquerung des Atsunta Passes (3400m) so Nichts mehr im Wege steht. Wir ergattern von den hilfsbereiten Einwohner ein paar Kartoffeln, Trauben, Käse, Brot, Buchweizen und eine Flasche ChaCha (für alle Fälle) um unsere Vorräte wieder aufzustocken. Wie in vielen anderen Orten, sind die Menschen hier Selbstversorger. Einen Supermarkt sucht man vergebens...
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Omalo |
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Tushetische Souvenirs |
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Khatchapuri in Arbeit |
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Kaffeetime |
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Festung von Omalo |
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wunderschöner Campspot |
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unser Proviant |
Nach dem vorausgesagten, aber nicht eingetroffenen Wintereinbruch gehts bei frostigen Temperaturen weiter Richtung Dartlo und Ghele. Der Anstieg auf den Pitsilamta (2996m) ist mit dem eisigen Wind kräfteraubend, die Aussicht auf die schneebedeckten Berge und die kleinen Dörfchen auf der anderen Talseite aber unbezahlbar.
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die letzten Schafherden |
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mal schieben... |
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...mal fahren |
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auf dem Pitsilamta |
Über die goldgelb verfärbten Wiesen auf dem Gonta Ridge erreichen wir einen atemberaubenden Trail, der sich mit steilen, aber herrlich runden Serpentinen durch die farbenprächtige Herbstlandschaft Richtung Tal schlängelt. Unsere Mountainbikeherzen schlagen schon beim blossen Anblick höher! Und der erste Eindruck täuscht nicht. Definitiv der schönste Trail, den wir bis jetzt gefahren sind!
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es gibt "wenigstens" eine Brücke.... |
Für unser Weiterkommen benötigen wir ein Permit, damit wir uns in der Grenzregion zu Russland aufhalten dürfen. Die Ranger im letzten bewohnten Dorf Girevi (2060m.ü.M) nehmen für Überprüfung unserer Pässe Zeit. Letztendlich übergeben sie uns lächelnd das notwendige Dokument. Irgendwelche Hieroglyphen, einzig unsere Namen können wir entziffern...Wird schon passen! Darauf stossen wir mit dem Tierarzt von Girevi, der uns einen abendlichen Besuch abstattet, mit einem Glas ChaCha an :-)
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Girevi |
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unser Permit! |
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Zum Wohl! |
Nach einer weiteren Frostnacht machen wir uns auf den Weg in das faszinierende Niemandsland von Tushetien. Bären, Wölfe und sogar Leoparden soll es hier geben. Wie zu erwarten, bekommen wir sie nicht zu Gesicht. Auch auf die verbreiterte Spezies Mensch treffen wir nur ganz selten. Vorbei an verfallenen Wehrtürmen, ein paar Schaf- und Kuhherden, mit ziemlich angsteinflössenden Hirtenhunden und entlang des Kvakhidistskali Flusses führt ein herrlicher Singletrail stetig bergauf. Ein Enduro Erlebnis der Extraklasse!
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wunderschönes Enduroerlebnis |
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durch alte Festungen |
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weiter RIchtung Atsunta Pass |
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"ziemlich" kalt |
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was für ein Campspot! |
Die letzten Höhenmeter zum Atsunta Pass legen wir am frühen Morgen mit eisigem Wind, natürlich von vorne, zurück. Die Aussicht von oben einmal mehr der Wahnsinn! Ein Farbenspiel zwischen schwarzen Schiefer, weissen Schneebergen, azurblauen Himmel und herbstlich verfärbten Wiesen. Da bleibt uns, nicht nur wegen der Höhe, fast die Luft weg!
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Atsunto Pass in Sicht |
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Geschafft! |
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Chaukhi |
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Kazbegi hinter den Wolken |
Und es kommt noch besser! Der Trail Richtung Shatili hätte den Titel EPICTRAIL mehr als verdient! Irgendwie schienen die früheren Bewohner Georgiens einen sechsten Sinn fürs Anlegen von Mountainbiketrails gehabt zu haben. Steile, aber herrlich fahrbare Serpentinen, flowige Pfade durch eine malerische Landschaft und gut angelegte Wege über den Wurzelteppich im Wald. Ein Biketraum! Nur für unseren Gepäckträger sind die 2000 Höhenmeter Bikevergnügen zu viel. Ein Knacken und das Alurohr bricht beim Downhill auseinander...Der nächste Ranger erweist sich als überaus hilfsbereit und schleppt verschiedene, leider nicht passende Schrauben an. Unser Permit will der Gute bei der ganzen Aufregung gar nicht sehen...Joos bastelt am Ende mit einem Schnürsenkel eine provisorische Stütze und bindet sich für die Weiterfahrt das Zelt auf seinen Rucksack.
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von dort sind wir gekommen! |
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durch die wunderschöne Herbstlandschaft |
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...auch eine Brücke.... |
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...die ist sogar fahrbar... |
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Dorf Mutso |
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Kaputt! |
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fast wie neu |
In Shatili, der vermeintlichen Zivilisation, angekommen fühlen wir uns wie in einem Geisterdorf. Die Hütten werden auf den Winter vorbereitet und die meisten Bewohner sind für die kalten Monate bereits in die wärmeren Regionen von Kachetien umgesiedelt. Nur aus der unscheinbaren Bäckerei schwallt uns der Duft von ofenfrischem Brot entgegen. Uns läuft das Wasser im Munde zusammen. Die nette Puri Bäckerin staunt nicht schlecht, als wir ihr gleich 3 Stück abkaufen :-) Unsere Mägen freuen sich, dass sie endlich mal mit etwas anderem als Buchweizen gefüllt werden...
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in Shatili angekommen |
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Bäckerei in Shatili |
Unser Trailfazit:
Die ersten 7 Tage unserer Bikepackingtour von Tbilisi über den Abano Pass, Omalo, Gonta Ridge, Atsunto Pass nach Shatili sind ein Traum! Die Landschaft mit ihren kleinen Dörfchen, verfallenen Wehrtürmen und den einzigartigen Trails sind jede Mühe wert! Wir hatten Glück, dass es in den höheren Lagen noch keinen Schnee gegeben hat und wir die wunderschön verfärbte Herbstlandschaft bei strahlendem Sonnenschein geniessen konnten. Wenn man genug Geld in die Hand nimmt, kann man auch mit einem Minivan von Tbilisi nach Omalo fahren. Und wer kein Zelt mitnehmen möchte, kann in den einfachen Guesthouses der Dörfchen schlafen. Einziger Nachteil bei diesere Variante ist, dass man die Überquerung des Atsunto Passes von Girevi bis Shatili in einem Tag zurücklegen muss. Nicht unmöglich, aber eine sehr, sehr lange Etappe...

Der zweite Teil unseres Bikepacking Abenteuers führt uns via Bärenkreuzpass, Roshka, Chaukhi-Pass, Juta, Stepantsminda, Truso Valley und die Heeresstrasse zurück nach Tbilisi. Aber dazu bald mehr im nächsten Blog!
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